Zusammenfassung Heft 40
Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen
Schriftenreihe des Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. Schriftleitung: P. Trüby Heft 40 Thorsten Gaertig Bodengashaushalt, Feinwurzeln und Vitalität von Eichen Freiburg im Breisgau 2001 ISSN 0344-2691 Zusammenfassung: In der vorliegenden Arbeit wird die Arbeitshypothese überprüft, ob Strukturverluste im Oberboden von Eichenbeständen zu Belüftungsengpässen im Wurzelraum führen. Bei einem unzureichenden Transfer von Sauerstoff aus der Atmosphäre zu den Wurzeln bzw. von Kohlendioxid aus dem Wurzelraum in die Atmosphäre gehen die Stoffwechselaktivität und die Wachstumsrate der Feinwurzeln zurück. Mit einem reduzierten Wurzelsystem ist die Versorgung von Stamm und Krone mit Wasser und Nährelementen nicht mehr optimal gewährleistet. Kronenreduktion und verringerte Regenerationsfähigkeit nach anderen Schadereignissen können Folge dieser Entwicklung sein. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde der Zusammenhang zwischen Gashaushalt, Wurzelintensität und Vitalität von Eichen (Quercus robur L. und Quercus petraea [Matt.] Liebl.) auf zwei räumlichen Integrationsebenen untersucht: In fünf Eichenwäldern mit stark unterschiedlich strukturierten Oberböden wurden die Wirkungen von Belüftungsstörungen auf Gashaushalt und Durchwurzelung intensiv beobachtet (Prozessstudie). Dazu wurden im Gelände CO2-Konzentrationen im Oberboden, Gasdiffusionskoeffizienten, Bodenrespirationsraten und Feinwurzeldichten gemessen. Ziel dieses Teils war, die in der Arbeitshypothese formulierten kausalen Zusammenhänge zwischen der Belüftungssituation des Bodens, biologischer Bodenaktivität und Durchwurzelung zu überprüfen. In einem zweiten Schritt wurde im Rahmen einer großflächigen Inventur der Belüftungszustand, der bodenchemische Zustand, die Durchwurzelungsintensität und die Vitalität in 38 Eichenwäldern Baden-Württembergs untersucht (Inventurstudie). Ziel dieses Teils war, den Einfluss der Bodenbelüftung auf die Durchwurzelung und die Gesundheit der Eichen auf regionaler Ebene zu beurteilen. In der Prozessstudie wurde nachgewiesen, dass die über die Respirationsrate erfasste biologische Aktivität mit abnehmender Gasdurchlässigkeit des Oberbodens abnahm. In Oberböden mit einem relativen scheinbaren Gasdiffusionskoeffizienten von unter 0,06 kann im Boden produziertes CO2 nur noch unzureichend entsorgt werden. Die CO2 - Konzentrationen in 5 cm Bodentiefe steigen auf Werte über 0,6 Vol.% an. In Eichenbeständen mit besser belüfteten Oberböden konnte eine intensivere Feinwurzelerschließung und ein günstigeres Verhältnis von Wurzellänge zu Wurzelgewicht festgestellt werden In der Inventurstudie konnte gezeigt werden, dass die Oberböden der untersuchten Eichenwälder Baden-Württembergs im saueren bis stark saueren Bereich liegen und ausreichend mit den Hauptnährelementen versorgt sind. Die Hälfte aller Gasdiffusionsmessungen aus den Eichenwäldern weist auf Belüftungsstörungen im Oberboden hin (Ds/Do<O,O6). Hohe Grobpo-renanteile im Hauptwurzelraum sind nur auf Standorten mit hoher Kalzium- oder hoher Aluminiumsättigung anzutreffen. Der pH-Wert hat keinen direkten Einfluss auf die Belüftungssituation oder die Feinstwurzelerschließung der Eichen. Letztere wird maßgeblich von der Gasdurchlässigkeit des obersten Mineralbodens gesteuert: Je höher die Gasdurchlässigkeit des Oberbodens ist, desto intensiver wird der Boden von Feinstwurzeln erschlossen. Die über die Kronenstruktur beurteilte Vitalität der Eichen nimmt mit der Gasdurchlässigkeit des Oberbodens ab. Drei Viertel der Gasdiffusionsmessungen im Kollektiv der geschädigten" Eichenbestände weist Belüftungsstörungen in den obersten 5 cm auf, während bei dem vitalen" Kollektiv der Gasaustausch nur bei 25 % der Proben beeinträchtigt ist. In Bodentiefen unterhalb von 25 cm ist die Feinstwurzeldichte der geschädigten" Eichenbestände signifikant gegenüber der Feinstwurzeldichte der vitalen" Eichenbestände reduziert. Die Ergebnisse der Arbeit lassen den Schluss zu, dass die eichentypische Eigenschaft", tiefe Bodenhorizonte zu durchwurzeln, verloren geht, wenn diese Horizonte vom Gasaustausch mit der Atmosphäre abgekoppelt sind. In den untersuchten Eichenbeständen ist diese Abkopplung die Folge mangelnder Gasdurchlässigkeit des Oberbodens (Plastikfolieneffekt). Die in anderen Studien auf wechselfeuchten Standorten beobachteten Vitalitätsverluste der Eichen dürften im wesentlichen auf eine mangelhafte Belüftung des Unterbodens zurückzuführen sein. In Zeiten der Vernässung ist der gesamte Porenraum mit Wasser gefüllt, so dass alle Transportwege für Gase im Unterboden blockiert sind und der für die Respiration notwendige Gasaustausch mit der Atmosphäre zum Erliegen kommt. In Trockenperioden kann der schwach durchwurzelte Unterboden nicht mehr zur Wasserversorgung beitragen. Die Eichen reagieren mit Blatt- und Zweigverlusten auf den Wasserstress und die Prädisposition für andere Schadfaktoren erhöht sich. Für die forstlichen Praxis haben können aus den Befunden der vorliegenden Arbeit zwei wichtige Konsequenzen abgeleitet werden. 1. Es konnte gezeigt werden, dass die flächige Befahrung von Eichenbeständen zu starken ökosystemaren Störungen führt. Soll eine ausreichende Belüftung des Wurzelraumes langfristig gewährleistet sein, ist die Konzentration der Befahrung auf permanente Rückewege zwingend erforderlich. 2. Die gängige forstliche Praxis auf verdichteten oder wechselfeuchten Standorten Eichen anzubauen, um diese Standorte zu sanieren bzw. um das waldbauliche Risiko zu minimieren, muss kritisch hinterfragt werden. |