Zusammenfassung Heft 35
Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen
Schriftenreihe des Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. Schriftleitung: F. Hädrich Heft 35 Lothar Zimmermann Der Bodenwasserhaushalt an einem Hochlagenstandort im Südschwarzwald Freiburg im Breisgau 1995 ISSN 0344-2691 Zusammenfassung: Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen des forstökologischen Projektes ARINUS angefertigt. Der Wasserhaushalt am ARINUS-Standort Schluchsee wurde für den gesamten Untersucbungszeitraum 1987-1994 jeweils auf Einzugsgebietsebene und auf einzelnen Bestandesmeßflächen erfaßt. Ziel war die Quantifizierung und Modellierung der einzelnen Wasserhaushaltskomponenten. Dazu wurde für den Standort ein physikalisch-detenninistisches Bodenwassertransportmodell angepaßt, um den Bodenwasserhaushalt in den Untersuchungsbeständen räumlich und zeitlich höher aufzulösen. Die Repräsentativität der ermittelten Wasserflüsse auf den Bestandesmeßflächen sollte durch den Vergleich mit der Einzugsgebietswasserbilanz überprüft werden. Nach erfolgreicher Anpassung an den Standort sollte mit dem Modell der Bodenwasserhaushalt aus Wetterdienstdaten für die Jahre 1962-1987 retrospektiv simuliert werden, um Auftreten und Verlauf der hochmontanen Vergilbung der Fichte und waldwachstumskundliche Ergebnisse besser interpretieren zu können. Der Podsol am untersuchten Hochlagenstandort (Jahresniederschlag 1800 mm, Jahresmitteltemperatur 4,5°C) hat sich aus dem Zersatzgrus des basenarmen Bärhaldegranits gebildet. Bedingt durch die sandig-lehmige Bodenart und dem hohen Skelettanteil von 60 bis 80 Gew.% macht der Anteil der Grobporen 50 % der Gesamtporosität aus. Die gesättigte hydraulische Leitfähigkeit ist über das ganze Bodenprofil mit durchschnittlich 200 cm/d sehr hoch. Die nutzbare Feldkapazität bewegt sich in einem mittleren Bereich von 130-160 mm/1 m Bodentiefe. Im Mineralboden wurde nach Tensiometermessungen während des siebenjährigen Untersuchungszeitraums ein Matrixpotential von pF= 2,74 (s -550 cm WS) nicht überschritten. Somit zeigt der Hochlagenstandort die nach den kapazitiven Wasserhaushaltsgrößen zu erwartende gute Wasserversorgung. Deutliche Austrocknungserscheinungen zeigten sich allerdings in der organischen Auflage während den trockenen Sommern 1991 und 1992. Als Spitzenwerte wurden mit TDR-Sonden volumetrische Wassergehalte um 9 Vol.% gemessen. Das zur Simulation der Bodenwasserflüsse verwendete Modell WHNSIM beruht auf einer eindimensionalen Lösung der RICHARDS-Gleichung, wobei Hangzugwasser bei gesättigten Verhältnissen über den Quell- und Senkenterm berücksichtigt wird. Da das Modell für landwirtschaftliche genutzte Standorte konzipiert ist, mußte der Evapotranspirationsteil für die Waldsituation verändert werden. Die potentielle Evapotranspiration wurde mit der Formel nach HAUDE mit einem Wald- und Höhenfaktor berechnet. Die Interzeptionsverdunstung ergab sich aus der Differenz zwischen Freilandniederschlag und Kronentraufe. Aus einem Vergleich mit den Tageswerten der potentiellen Evapotranspiration wurden die Raten der potentiellen Transpiration hergeleitet und über eine bodenfeuchteabhängige Funktion zur aktuellen Transpiration reduziert. Der Freilandniederschlag schwankte im Meßzeitraum zwischen 1410 mm/a und 2160 mm/a. Die Interzeption war mit 16% des Freilandniederschlags sehr niedrig. Die aktuelle Evapotranspiration betrug im Untersuchungszeitraum 520 mm/a, wobei 42% der aktuellen Transpiration zuzurechnen sind. Der hohe Anteil der Interzeptionsverdunstung erklärt sich aus den perhumiden Klimaverhältnissen des Hochlagenstandorts. Der mittlere Gebietsabfluß betrug 1390 mm/a, was der punktuell ermittelten Versickerung von 1338 mm/a nahe kommt. Die Abweichung der Gebietswasserbilanz lag mit 4,4 % des Freilandniederschlags im Bereich des Meßfehlers der Niederschlagsmessung, so daß die Größenordnung der berechneten Evapotranspiration durch die langjährige Bilanz als gesichert gelten kann. Die Kalibrierung des Modells erfolgte über die bodenphysikalischen Parameterfunktionen. Da die Messung der hydraulischen Leitfähigkeit K(T) im Freiland mit einer hohen Unsicherheit verknüpft und der Übertragungsfehler zwischen Labor und Freiland hoch ist, wurden aus den im Labor ermittelten Beziehungen Startwette für die iterative Kalibrierung verwendet. Als Optimierungskriterium diente der Vergleich der vom Modell simulierten Matrixpotentialen mit den gemessenen Werten. Als optimale Parametrisierung wurde für die pF-Kurve ?M(T) eine sigmoide Kurvenform gefunden. Die Werte für die hydraulische Leitfähigkeit lagen für den Oberboden im Bereich der Labormessung, während fite den Unterboden niedrigere Werte kalibriert wurden. In einem zweiten Schritt wurden die simulierten mit den gemessenen Wassergehalten verglichen. Mit einer einfachen Übertragung der Labor-pF-Kurve konnten die simulierten Wassergehalte an die TDR-Meßwerte angepaßt werden. Damit stand die in der organischen Auflage gemessene Bodenfeuchte zur physiologischen Interpretation zur Verfügung. Die Validierung beider Meßgrößen H'M und © erfolgte an einem unabhängigen Datensatz über mehrere Jahre, die unterschiedliche Witterungsbedingungen aufwiesen. Durch den Vergleich der simulierten Tiefensickerung mit den Werten eines früher verwendeten Bodenfeuchtebilanzmodells und des Gebietsabflusses war eine weitere Validierung möglich. Die Jahresbilanzen der beiden Modelle und der Vergleich von Tiefensickerung zum Gebietsabfluß zeigten eine geringe, ungerichtete Abweichung. Die für das Modell berechneten aktuellen Transpirationsraten konnten mit Xylemflußmessungen. verglichen werden, wobei sich für die Jahressumme 1994 eine Abweichung von nur 10 % zeigte. Während des Großteils der Zeit folgten die Transpirationen dem Verlauf der gemessenen Xylemflüsse. Durch die mehrfache Kontrolle an unabhängig voneinander gemessenen Größen ist das Wasserhaushaltsmodell für den Standort gut validiert. Zur retrospektiven Simulation wurden Tageswerte von Niederschlag, relativer Luftfeuchte und Lufttemperatur umliegender Wetterdienststationen auf den Untersuchungsstandort übertragen. Da am Standort eine längere meteorologische Meßreihe vorlag, konnten Regressionsmodelle verwendet werden. Die Annahmen für die retrospektive Simulation wurden durch Anwendung auf den Meßzeitraum getestet und mit den Meßdaten verglichen. Die Modellannahmen für den retrospektiven Simulationszeitraum vollzogen die Meßwerte gut nach. Die retrospektive Simulation ergab für den gesamten Simulationszeitraum von 1962 bis 1987 nur für die Jahre 1976, 1983 und 1985 eine stärkere Austrocknung des Oberbodens, wobei in den Jahren 1976 und 1983 die Trockenperiode während des Beginns der Vegetationszeit auftrat. Die in diesen beiden Jahren auftretende Trockenheit wurde in der Literatur als auslösender und synchronisierender Faktor für die montane Nadelvergilbung bei Fichte diskutiert. Zu ähnlichen Austrocknungsspitzen in der organischen Auflage kam es noch in den trockenen Meßjahren 1990 bis 1992, ohne daß danach eine Vergilbung oder niedrigere Mg-Nadelspiegelwerte festzustellen waren. Der einzige Unterschied im Vergleich zu den früheren Jahren 1976 und 1983 war, daß die Austrocknung zu einem späteren Zeitpunkt während der Vegetationsperiode auftrat. Die montane Vergilbung ist ursächlich an eine schlechte Versorgung mit Magnesium gekoppelt. Auf dem basenarmen Standort Schluchsee befindet sich der Hauptvorrat des verfügbaren Magnesiums in der organischen Auflage, wo sich bis zu 60 % der Feinwurzelmasse befindet. Während der frühsommerlichen Wachstumsphase mit hohem Nährstoffbedarf reduziert die Austrocknung des Oberbodens die Nährstoffnachlieferung und vermindert somit die Aufnahme durch die Feinwurzeln. Als auslösende Ursache der montanen Nadelvergilbung der Fichte ist daraus die frühsommerliche Austrocknung des Oberbodens abzuleiten. Qualitative Vergleiche von Wasserhaushaltsgrößen mit dem Radialzuwachs während der Vegetationsperiode ergaben keinen direkten Zusammenhang. Am perhumiden Hochlagenstandort Schluchsee ist selbst in Trockenjahren wie 1983 pflanzenverfügbares Bodenwasser im tieferen Hauptwurzelraum vorhanden, so daß keine Trockenstreßsituation erreicht wird. Mit der retrospektiv simulierten Bodenfeuchtedynamik wurde eine Datenbasis geschaffen, die weiterführende Analysen des Bestandeswachstums auf den ARINUS-Versuchsflächen ermöglicht. |