Zusammenfassung Heft 31
Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen
Schriftenreihe des Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. Schriftleitung: F. Hädrich Heft 31 Karl-Heinz Feger Bedeutung von ökosysteminternen Umsätzen und Nutzungseingriffen für den Stoffhaushalt von Waldlandschaften Freiburg im Breisgau 1993 ISSN 0344-2691 Zusammenfassung: Die vorliegende Arbeit beschreibt die Ergebnisse der in den beiden ARINUS-Versuchsgebieten Schluchsee und Villingen im Schwarzwald durchgeführten Stoffhaushaltsuntersuchungen für den Zeitraum November 1987 bis Oktober 1990. Es handelt sich um große, geschlossene Waldgebiete mit dominierender Fichte. Der geologische Untergrund - Granit und Buntsandstein - und die daraus entwickelten sauren, nährstoffarmen Böden sind weithin repräsentativ für mitteleuropäische Waldstandorte. Der integrierende Untersuchungsansatz verbindet Messungen der Stoffumsätze in Fichtenökosystemen (interner Kreislauf) mit Eintrag/Austrag-Bilanzen kleiner Experimental-Wassereinzugsgebiete. Ziel ist, die Bedeutung ökosysteminterner Umsätze für den aktuellen Stoffhaushalt sowohl auf der Ebene des Ökosystems (Waldbestand) als auch der Landschaft darzustellen. Es wird die Rolle die atmogenen Einträge für den Stoffkreislauf der Fichtenbestände, den chemischen Bodenzustand sowie den Stoffaustrag diskutiert. Den Schwerpunkt bilden der Säurehaushalt und die ihn bestimmenden bio-geochemischen Wechselwirkungsprozesse. Aufgrund des kombinierten Ansatzes sind auch Aussagen über stoffliche Veränderungen des Sickerwassers zwischen der Untergrenze des durchwurzelten Solums und dem Bach- bzw. Quellwasser abgeleitet. Außerdem wird die Bedeutung von Nutzungseingriffen für den Stoffhaushalt erörtert, wobei die Nutzungsgeschichte der Standorte sowie Fragen praxisüblicher und intensivierter Verfahren der Biomassenutzung im Mittelpunkt stehen. An den Untersuchungsstandorten ist die atmogene Belastung im Vergleich zu anderen mitteleuropäischen Waldstandorten nur gering bis mäßig. Daher haben ökosysteminterne Umsätze entscheidende Bedeutung. Die durch Basenfestlegung im Zuwachs und Überschußmineralisation im Boden bedingte ökosysteminterne Säureproduktion übertrifft die externe H+-Belastung von 0,4 kmol IÄ ha-1 a-1 deutlich. Die starke natürliche Versauerung der basenarmen Böden wurde durch frühere, meist sehr unpflegliche Waldnutzungspraktiken wesentlich verstärkt. Am Standort Villingen führte die seit dem Mittelalter betriebene intensive Waldnutzung, die durch sehr hohe Biomasseentzüge gekennzeichnet war, zu beträchtlichen Basenverlusten und Störungen im Streuabbau. Hingegen wurde die tiefgründige Bodenversauerung am Standort Schluchsee durch die Umwandlung der natürlichen Mischbestände in Fichtenreinbestände gefördert, wobei Kahlhiebe, daran anschließende längere Kahllage und die baumarten-wechselbedingte Veränderung der Durchwurzelungsverhältnisse zu Humusvorratabbau im Mineralboden und damit erhöhter bodeninterner H+-Produktion führte. Der N-Eintrag ist mit 15 kg ha-1 a-1 an beiden Standorten sehr ähnlich und im Vergleich zu anderen Gebieten niedrig. Ein Einfluß auf den Stoffhaushalt der untersuchten Fichtenökosysteme ist erkennbar. Allerdings wird die N-Versorgung der Bestände und der N-Austrag vorrangig geprägt durch den an beiden Standorten unterschiedlichen mikrobiellen Umsatz, der wiederum stark von der Nutzungsgeschichte abhängt. Trotz der gegenwärtigen N-Einträge ist Villingen immer noch ein N-Mangelstandort mit geringen N-Austrägen. Hingegen ist in Schluchsee die N-Versorgung optimal mit einem N-Austrag in der Größenordnung des Eintrags. Die hohen mineralisierungsbedingten Umsätze stellen dort ein "reliktisches" Merkmal des ursprünglichen Mischwaldes dar. Erhöhte Elementausträge aus dem von der Fichte nur extensiv durchwurzelten Mineralboden zeigen an, daß sich noch kein neues Gleichgewicht zwischen Mineralisierung und Nährstoffaufnahme eingestellt hat. Als Mangelelement tritt in Schluchsee Mg, in Villingen hingegen K hervor. In beiden Fällen handelt es sich um eine lithogen-pedogen vorgegebene Knappheit, die sich unter dem Einfluß einer geringen atmogenen Säurebelastung verschärft haben kann. Während der Mg-Mangel in Schluchsee hauptsächlich auf die Mg-Armut des granitischen Substrats zurückzuführen ist, hängt die auf dem Villinger Pseudogley-Braunerde-Standort zu beobachtende schwache K-Versorgung mit strukturgebundenen Ungleichgewichten zusammen. Als weitere Ursachen werden durch gestiegene N-Einträge möglicherweise hervorgerufene Zuwachssteigerung und Ernährungsungleichgewichte sowie Wechselwirkungen zwischen Elementversorgung, Mineralisierung und Wasserhaushalt diskutiert. Aus der Verteilung der verfügbaren Elementvorräte im Ökosystem und den Umsatzmessungen wird für die meisten Nährelemente ein enorm kurzgeschlossener Kreislauf deutlich. Aufgrund der bei der Fichte von Natur aus sehr flachen Feindurchwurzelung kann das für einige Elemente ohnehin knappe Nährstoffangebot im Boden nur unvollständig ausgenutzt werden. Eine direkte toxische Wirkung von gelöstem AI ist wegen des geringen Konzentrationsniveaus und der Speziesverteilung in der Bodenlösung unwahrscheinlich. Jedoch kann AI durch antagonistische Wechselwirkungen die Aufnahme basischer Nährkationen behindern und auf diese Weise zum Entstehen von Nährstoffmangel Situationen beitragen. Ein Einfluß der atmogenen Deposition auf die Hydrosphäre ist erkennbar. Allerdings wird er erheblich modifiziert durch die in den Einzugsgebieten in unterschiedlicher Weise wirkenden hydrologischen und biogeochemisehen Prozesse. Für die Pufferung atmogen eingetragener oder ökosystemintern gebildeter Protonen kommt den Wechselwirkungsprozessen im nicht durchwurzelten tieferen Solum, in der Gesteinszersatzzone sowie in Gesteinsklüften eine entscheidende Bedeutung zu. Die von der Basenfreisetzung abhängige Pufferkapazität wird neben der Mineralausstattung in erheblichem Maße von den Fließwegen des Wassers im Einzugsgebiet kontrolliert. Bei überwiegend vertikaler Versickerung, wie in Schluchsee, steht das Sickerwasser längere Zeit in Kontakt mit der Mineralphase. Hingegen spielen bei eingeschränkter vertikaler Versickerung wie in Villingen und einem deshalb überwiegend oberflächennahen lateralen Wasser- und Stofftransport Wechselwirkungsprozesse mit dem tieferen Untergrund eine wesentlich geringere Rolle, weshalb die chemische Zusammensetzung des Bachwassers in solchen Einzugsgebieten viel stärker durch Bodenprozesse, besonders solche in den humosen Oberboden, bestimmt wird. |