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Zusammenfassung Heft 29

 

Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen

Schriftenreihe des

Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.
Schriftleitung: F. Hädrich


Heft 29


Stephan Raspe

Biomasse und Minieralstoffgehalte der Wurzeln von
Fichtenbeständen (Picea abies Karst.) des Schwarzwaldes und Veränderungen nach Düngung


Freiburg im Breisgau 1992

ISSN 0344-2691


Zusammenfassung:

Die Durchwurzelungsverhältnisse in zwei typischen Fichtenökosystemen im Schwarzwald werden charakterisiert und Auswirkungen von sulfatischen Mineraldüngergaben auf Verteilung und Ernährungszustand der Feinwurzeln dargestellt. Die Untersuchungen erfolgten in den beiden ARINUS-Versuchsgebieten Schluchsee und Villingen, die aufgrund ihres geologischen Untergrundes - Granit bzw. Buntsandstein - und der daraus entwickelten Böden weithin repräsentativ für mitteleuropäische Waldstandorte sind. Am Standort Schluchsee stockt ein 40 - 6Ojähriger Fichtenreinbestand auf gut durchlässigem, lehmig-grusigem Podsol. In Villingen handelt es sich um einen 80 -120jährigen Fichtenaltbestand auf pseudovergleyter Brauerde bzw. Stagnogley. Die Abhängigkeit des Wurzelwachstums von Standortsfaktoren, insbesondere des Nährelementangebots wird diskutiert.

Die Wurzelmassen wurden nach Durchmesserklassen getrennt durch Totalausgrabungen ermittelt. An beiden Untersuchungsstandorten bilden die Fichten ein charakteristisches Senkerwurzelsystem aus. Die Hauptmasse der Wurzeln befindet sich in der organischen Auflage und den obersten 30 cm des Mineralbodens. Die untere Durchwurzelungsgrenze liegt in Villingen bei 1,20 m, während in Schluchsee einzelne Wurzeln in alten Wurzelröhren des Buchen-Tannen-Vorbestandes bis in 2 m Tiefe hinab ziehen. Eine intensive Feindurchwurzelung ist auf beiden Standorten jedoch auf die obersten 10 cm beschränkt. Dies ist in Villingen durch den starken periodischen Wechsel von Staunässe und Austrocknung sowie das nur in der Auflage höhere N-Angebot bedingt. Hingegen kommt auf dem Granit-Standort Schluchsee der mangelhaften Mg-Versorgung eine Schlüsselstellung zu.

Das Nährstoffangebot im Boden spiegelt sich deutlich in den Elementgehalten der Wurzeln wider. Auf dem tiefgründig humosen Standort Schluchsee sind die Wurzeln im gesamten Profil optimal mit N, S und P versorgt. Die Tiefenfunktion der Mg-Gehalte weist dagegen auf einen extrem kurzgeschlossenen Kreislauf hin. Die Nährelementgehalte der Wurzeln des Standorts Villingen bestätigen die nadelanalytisch belegte schwache Versorgung mit N, P und K. Aluminiumtoxizität ist als Ursache für die flache Ausrichtung des Feinwurzelsystems auszuschließen.

Die Auswirkungen der Mineraldüngergaben (MgSO4, (K2/Mg)SO4, (NH4)2SO4) auf Verteilung, Vitalität und Nährstoffgehalte der Feinwurzeln wurden durch systematisch wiederholte Probenahmen untersucht. Nach Kieseritdüngung am Standort Schluchsee ist eine signifikante Zunahme der Feinwurzelmenge um 75 % nach der zweiten bzw. 120 % nach der dritten Vegetationsperiode festzustellen. Dies ist mit einer zunehmen- den Tiefenverlagerung der Feinwurzeln in den Mineralboden verbunden. Für einen verstärkten Feinwurzelumsatz ergeben sich keine Hinweise. Ein Einfluß der Kalimagnesiagabe auf die Feinwurzelverteilung in Villingen ist nicht feststellbar. Trotz des durch die Ammoniumsulfatgabe induzierten Säureschubs sind keine Feinwurzelschäden zu beobachten. Auf dem N-Mangelstandort Villingen führt die Ammoniumsulfatdüngung sogar zu einer intensiveren Durchwurzelung des Oberbodens. Zusammenhänge zwischen Wasserversorgung, Mineralisation und N-Ernährung der Feinwurzeln werden standortsbezogen diskutiert.

Aus den Elementgehalten der Feinwurzeln läßt sich eine beträchtliche Aufnahme der gedüngten Nährstoffe ableiten. Die zuvor extrem niedrigen Mg-Gehalte der Feinwurzeln in Schluchsee stiegen nach Kieseritdüngung bis auf das Niveau von gut mit Mg versorgten Vergleichsstandorten an. Auf dem wechselfeuchten Standort Villingen führte die Kalimagnesia- bzw. Ammoniumsulfatgabe zu einer gleichmäßigeren K- bzw. N-Versorgung der Wurzeln. Veränderungen der Gehalte von nicht in den Düngern enthaltenen Elementen werden beschrieben und mögliche Zusammenhänge mit den experimentellen Eingriffen dargestellt. Eine kurzfristige pH-Erniedrigung und hohe Al3+-Konzentrationen in der Bodenlösung führten auf keiner der Düngungsflächen zu Wurzelschäden, sondern lediglich zu einem Anstieg der Al-Gehalte in den Wurzeln. Aufgrund dieser Befunde sind Grenzwerte für Al-Toxizität sehr kritisch zu beurteilen.

Die Durchwurzelungsintensität und der Ernährungszustand der Feinwurzeln werden dem Nährstoffangebot im Boden gegenübergestellt. Aus der engen Beziehung zwischen der austauschbar gebundenen Mg-Menge im Boden und der Verteilung sowie dem Mg-Versorgungsgrad der Feinwurzeln geht die besondere Bedeutung dieses Elements für das Feinwurzelwachstum am Standort Schluchsee klar hervor. Eine deutlich positive und anhaltende Reaktion auf die Kieseritdüngung ist zu erkennen.
Durch Ausbringung rasch löslicher Mineraldünger läßt sich eine bessere Mineralbodenerschließung durch Feinwurzeln erreichen, wenn die zuvor flache Feinwurzelverteilung auf ein unzureichendes Nährstoffangebot im Boden zurückgeht. Bei Mg-Mangel kommt der Mg2+-Belegung des Austauschers eine große Bedeutung für die Tiefenverteilung der Wurzeln zu. Die Reaktion der Wurzeln auf eine Mg-Gabe hängt daher maßgeblich von dem im Boden sortierten Dünger-Mg ab. Hat die flache Fein Wurzelausrichtung dagegen neben einer allgemein schwachen Nährstoffversorgung auch bodenphysikalische Gründe, können Düngungen nur bedingt eine bessere Tiefendurchwurzelung der Fichte bewirken. Langfristig ist daher vor allem auf staunässebeeinflußten Standorten die waldbauliche Förderung von standortsgemäßen, tieferwurzelnden Baumarten angezeigt.