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Zusammenfassung Heft 21

 

Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen

Schriftenreihe des

Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.
Schriftleitung: F. Hädrich


Heft 21


Jin Chen Liu

Ernährungskundliche Auswertungen von diagnostischen Düngungsversuchen
von Fichtenbeständen (Picea abies Karst.) Südwestdeutschlands


Freiburg im Breisgau 1988

ISSN 0344-2691


Zusammenfassung:

Durch die Auswertung diagnostischer Düngungsversuche in 27 Nadelbaumbeständen (Picea abies Karst.) Südwestdeutschlands wird die Wirkung leichtlöslicher Salze auf die chemischen Bodeneigenschaften, die Elementversorgung der Bestände und die Ausprägung von Schadsymptomen untersucht. Darüber hinaus werden die primäre Ursachen der neuartigen Waldschäden  zu  klären versucht.
Die 27 Untersuchungsstandorte haben unterschiedliches Ausgangsgestein und Bodensubstrat. Das Bestandesalter lag zwischen 8-113, überwiegend zwischen 50 und 100 Jahren. Insgesamt 57 Düngungsparzellen waren mit N, K, Mg, Ca, Mn und Zn in verschiedenen Kombinationen und unterschiedlicher Dosis gedüngt worden. Die Düngemittel waren leichtlösliche Nitrat- und Sulfatsalze. Vor der Düngung wurden 1983/84 Bodenparameter (Nges , Cges , citronensäurelöslicher P, austauschbares K, Mg, Ca, Mn, Fe, AI und H sowie pH und Körnung) und Elementgehalte (N, P, K, Mg, Ca, Mn, Fe, Zn und AI) in den Nadeln ermittelt. Nach der Düngung wurden 1986 die Schadsymtome detailliert bonitiert und der Höhenzuwachs sowie zusätzlich die S-Gehalte in den Nadeln bestimmt.
Die erhobenen Bodenparameter zeigen auf den Kristallinstandorten eine räumliche Variabilität unter 30 %. Auf den Kalklehmstandorten liegt sie höher. Die geringste Variation zeigen pH-Wert, austauschbares K, Mg und AI; die höchste weisen in der Regel diejenigen Elemente auf, die nur in sehr niedrigen Gehalten vorkommen   (vor  allem  Fe  und  zum Teil   auch  P).
Die räumliche Variation der Elementgehalte in I.l-Nadeln liegt meist unter 30 % und ist generell niedriger als die der Bodenparameter. Die höchste Streuung haben Mn, Ca und Mg (30, 29 und 24 % in I.l-Nadeln), die niedrigste N und K. Die Streuung der Elementgehalte in den IV.4-Nadeln liegt höher als die in den I.l-Nadeln.
Die Schadsymptome (Nadelvergilbung, Nadelrötung und Nadelverlust) streuen räumlich sehr stark. In den meisten Fällen beträgt die Variation   über   100   %.    Daher   würde   eine   repräsentative   Schadansprache oft die Aufnahme von über 100 Bäumen auf einer Parzelle erfordern. Die Bestandesmerkmale (100-Nadelgewicht, Maximalnadelalter, Gesamthöhe und Höhenzuwachs) waren dagegen räumlich sehr homogen verteilt.
Die Nährelementaustattung der Böden zeigt eine deutliche Abhängigkeit vom Ausgangsgestein. Anhand der Bodengrenzwerte ist die K-Versorgung auf Moräne, Ries-Trümmermasse und Löß, die Mg-Versorgung auf Porphyr, Granit, Gneis und Lö/3 als kritisch einzustufen.
Die Ionenbelegung an den Austauschern ist eng mit dem pH-Wert korreliert. Bei pH-Werten (H2O) über 5 dominiert sorbiertes Ca, während die Belegung mit K, Mg und Mn abnimmt. Die pH-Werte unter 5.0 sind mit zunehmenden Anteilen an austauschbarem AI, H und Fe gekoppelt. Bei pH-Werten um 4 machen diese 3 Elemente über 80 % der Austauschkapazität aus.
Die Bodenparameter (untersucht an den Kontrollparzellen) unterliegen starker jährlicher Variation. Von 1984 bis 1986 hatten die Gehalte an austauschbarem K, Mg, Ca, Mn, Fe und H im Oberköden (0-10 cm) signifikant zugenommen. Die pH-Werte blieben aber unverändert. Als Ursache für diese Veränderung wird die durch relativ feuchte Witterung bedingte höhere Mineralisation der organischen  Bodensubstanz  vermutet.
Die Düngungseffekte von K, Mg und Ca im Boden waren über die Versuchsjahre anhaltend und deutlich dosisabhängig. Das ausgebrachte Mg und Ca war zwei Jahre nach der Düngung noch überwiegend im Oberboden (0-10 cm) vorhanden. Daraus läßt sich auf eine relativ langsame Verlagerung der beiden Elemente im Solum schliefen. K zeigt dagegen eine höhere Auswaschungstendenz. Die Düngungseffekte der verschiedenen Varianten ermöglichen eine Kalkulation des Düngerbedarfs für verschiedene Ausgangssituationen. Eine durch Säureschub hervorgerufene pH-Senkung war nur auf den mit Sulfatsalzen gedüngten Parzellen festzustellen. Die höchste pH-Absenkung betrug 0.9 Einheiten, im allgemeinen lag sie bei 0.2 bis 0.3. Der Säureschub ist im höheren pH-Bereich stark ausgeprägt, mit fallendem pH-Wert schwächt er sich ab. Die Düngung mit Nitratsalzen bewirkte generell eine pH-Erhöhung von maximal 0.9 Einheiten. Diese pH-Erhöhung ist dort besonders ausgeprägt, wo bedingt durch die Bestandesstruktur der NO3-Verbrauch vermutlich höher war.

Die Elementgehalte der Nadeln ändern sich von 1983 bis 1986, abgesehen von N und P, stark. Veränderungen von 50 % treten häufig auf. Bei Mg und Mn ist eine signifikante Zunahme festzustellen, bei den anderen Elementen ist keine klare Tendenz erkennbar. Die Änderungen der Mg- und K-Gehalte in den Nadeln ist mit gleich gerichteten Änderungen der austauschbaren Bodengehalte zu erklären.
Die K-, Mg-, Ca- und Zn-Düngungseffekte sind dort deutlich erkennbar, wo ein Mangel an den jeweiligen Elementen vorlag. Eine Verbesserung der N-Nadelgehalte durch die NO3-Düngung ist nicht festzustellen. Die SO4-Düngung hat keine Erhöhung der S-Gehalte in den I.l-Nadeln hervorgerufen. Alle nicht NO3-haltigen Düngemittel bewirkten eine Abnahme der N- und P-Gehalte in den I.l-Nadeln. Die NO3-Düngung führte ausnahmslos zu einem Rückgang der P-Gehalte in den I.l-Nadeln. Auf einigen Parzellen ist die P-Versorgung dadurch  in den Mangelbereich geraten.
Nadelvergilbung und Nadelverlust zeigten nach der Düngung eine deutliche Verminderung. Die Düngungseffekte sind bei den stark geschädigten Beständen besonders deutlich. Ein Zusammenhang zwischen Verminderung der Nadelvergilbung und Verbesserung der Mg-Versorgung in den I.l-Nadeln ist festzustellen. Dies gilt jedoch nicht für den Nadelverlust. Die Nadelrötung reagierte auf die Düngung sehr unterschiedlich, da an ihrem Auftreten neben den ernährungskundlichen  auch biotische Ursachen beteiligt  sind.
Es sind klare Zusammenhänge zwischen Schadsymptomen und Nährelementversorgung zu beobachten. Für Nadelvergilbung und ist die Mg-Versorgung entscheidend. Die Gehalte an Mg, Ca und Mn in den Nadeln sinken mit zunehmender Vergilbung ab, während P, S, K, Fe und AI eher ansteigen. Bei der Nadelrötung ist es genau umgekehrt. Sie tritt mit zunehmenden Gehalten an Mg, Ca, Mn und abnehmenden Gehalten an P, S, K, Fe in den Nadeln verstärkt auf. Daher ist die Nadelrötung gegenüber den neuartigen Waldschäden als ein auch von der Ernährung abhängiges, eigenständiges Symptom aufzufassen.
Zur Beschreibung der zur Nadelvergilbung führenden Ernährungssituation wird das sogenannte Stickstoffverhältnis (ein Ma/3 für NH4-N-Anteil bei der Wurzelaufnahme) eingeführt.
Durch multiple Analyse wurde die Abhängigkeit der Elementgehalte in den Nadeln von der Elementnachlieferung im Boden und vom Stickstoffverhältnis geprüft. Es zeigte sich ein entscheidender Einflu/3 des Faktors "Stickstoffverhältnis" auf die Aufnahme anderer Elemente. Bei weitem Stickstoffverhältnis wird die Aufnahme der als Anionen aufgenommenen Elemente P und S gefördert und die Aufnahme der als Kationen, vom Elektrograndienten abhängigen und passiv aufgenommenen Elemente Mg, Ca und Mn stark beeinträchtigt. Die K-Aufnahme ist hingegen vom StickstoffVerhältnis nicht abhängig, da dieses Element von Pflanzen aktiv aufgenommen wird.
Zusammenfassend ergibt sich als Schlußfolgerung, da/? Nadelvergilbung auf den untersuchten Standorten eindeutig auf Mg-Mangel zurückgeht. Dieser Mg-Mangel wird durch unzureichende Bodenausstattung, die starker witterungsbedingter Variation unterliegt, und hohen Ammoniumanteil bei der N-Aufnahme verursacht. Die starke NH4-N-Aufnähme ist wahrscheinlich auf Mo-Mangel zurückzuführen.